2 Besteht ein gesetzlicher Güterstand und wenn ja, was sieht dieser vor?

2.1. Welche Güter zählen zum Gemeinschaftsvermögen? Welche Güter zählen zum Eigenvermögen der Ehegatten?

Die Ehegatten sind bei ihrer Eheschließung verpflichtet, ihren ehelichen Güterstand zu wählen. Sie können zwischen dem ehelichen Güterstand der Gütergemeinschaft, der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung wählen.

Haben die Ehegatten nicht bei Eheschließung oder durch Abschluss einer Güterstandsvereinbarung einen ehelichen Güterstand gewählt, gilt der gesetzliche Güterstand der Gütergemeinschaft. In diesem Güterstand wird das während der Ehe erworbene Vermögen als das gemeinschaftliche Vermögen der Ehegatten betrachtet.
Als Eigenvermögen gelten im Rahmen der Gütergemeinschaft. :

  • persönliche Gegenstände (z. B. Kleidung);
  • Vermögen, das vor der Ehe einem der beiden Ehegatten gehörte;
  • Vermögen, das während der Ehe durch unentgeltliche Verfügung, insbesondere durch Schenkung oder Erbschaft erworben wurde;
  • Vermögen, das ein Ehegatte aufgrund eines zum Eigengut gehörenden Rechts oder als Ersatz für Vorbehaltsgut erhält.

Eine Aufteilung gemeinschaftlichen Vermögens ist nur nach dem Ende der Gütergemeinschaft (entweder durch Tod eines der Ehegatten, durch Scheidung oder durch Abschluss einer Güterstandsvereinbarung, die einen anderen Güterstand begründet) möglich.

Bei den Güterständen der Zugewinngemeinschaft und der Gütertrennung gibt es kein gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten.

(Estnisches Familienrechtsgesetz)

2.2. Bestehen rechtliche Vermutungen in Bezug auf die Zuordnung bestimmter Güter?

Bei der Gütergemeinschaft gilt das Vermögen, soweit nichts anderes nachgewiesen wird, als gemeinschaftliches Vermögen der Ehegatten.

2.3. Sollten die Ehegatten ein Vermögensverzeichnis erstellen? Wenn ja, wann und in welcher Form?

Ein Inventar der Vermögenswerte ist bei den Güterständen der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung nicht zu errichten, sollte jedoch bei der Zugewinngemeinschaft errichtet werden (siehe 5.3).

2.4. Wer ist für die Verwaltung des Vermögens zuständig? Wer ist berechtigt, darüber zu verfügen? Darf ein Ehegatte das Vermögen alleine verwalten/darüber verfügen oder ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich (z.B. im Fall der Verfügung über die Ehewohnung)? Welche Folgen hat die fehlende Zustimmung für die Gültigkeit eines Rechtsgeschäfts und im Verhältnis zu Dritten?

Bei der Gütergemeinschaft üben die Ehegatten die Rechte und Pflichten über ihr gemeinschaftliches Vermögen gemeinsam oder mit Zustimmung des anderen Ehegatten aus. Bei Geschäften über bewegliche Sachen oder Rechte, die zum gemeinschaftlichen Vermögen der Ehegatten gehören, wird die Zustimmung des anderen Ehegatten als vorliegend angenommen (bei Geschäften über unbewegliche Sachen wird hingegen keine solche Zustimmung vermutet). Ein Ehegatte kann Geschäfte zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs der Familie selbst und ohne die Zustimmung seines Ehegatten mit Mitteln aus dem gemeinschaftlichen Vermögen tätigen.

Rechtsgeschäfte über gemeinschaftliche unbewegliche Sachen, die ohne die Zustimmung des anderen Ehegatten getätigt wurden, sind nichtig.

Jeder Ehegatte verwaltet sein Eigengut selbständig auf eigene Kosten und benötigt die Zustimmung des anderen Ehegatten nicht. Ein Ehegatte kann nur mit der Zustimmung des anderen Ehegatten über eine Wohnung, die zu seinem Eigenvermögen gehört und als Familienwohnung oder separat von dem anderen Ehegatten genutzt wird, verfügen, einem Dritten die Nutzung derselben gewähren oder Rechtsverhältnisse bezüglich der Wohnungsnutzung beenden. Falls die Wohnung nach dem 01.01.2015 erworben wurde, ist die Zustimmung des anderen Ehegatten zwingend erforderlich. Rechtsgeschäfte, die ohne die Zustimmung des Ehegatten abgeschlossen werden, sind nichtig. Dies gilt nicht für Wohnungen, die vor dem 01.01.2015 erworben wurden.

Beim (Wahl-)Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist Vermögen, das einem Ehegatten gehört, dessen persönliches Vermögen. Er kann darüber (ohne Zustimmung des anderen Ehegatten) frei verfügen, unabhängig davon, ob das Vermögen vor oder während der Ehe erworben wurde. Geschäfte über die Wohnung, in der die Familie wohnt oder die von dem Ehegatten genutzt wird, der nicht der Eigentümer ist, bedürfen der Zustimmung durch Letzteren. Ein derartiges Rechtsgeschäft, das ohne die Zustimmung des Ehegatten, der nicht der Eigentümer ist, abgeschlossen wird, ist nichtig, und der andere Ehegatte hat das Recht, die sich aus der Unwirksamkeit der Verfügung ergebenden Rechte gegen den Dritten gerichtlich geltend zu machen

Jeder Ehegatte verwaltet sein persönliches Vermögen unabhängig auf eigene Kosten.

Beim (Wahl-)Güterstand der Gütertrennung werden die Ehegatten in Bezug auf ihre Vermögensverhältnisse so behandelt, als wären sie nicht verheiratet, und jeder Ehegatte verwaltet und verfügt selbständig auf eigene Kosten (über) sein Vermögen.

2.5. Gibt es Rechtsgeschäfte, die von nur einem der Ehegatten abgeschlossen werden, aber dennoch auch den anderen binden?

Unabhängig davon, welcher eheliche Güterstand gewählt wurde, haften die Ehegatten gesamtschuldnerisch für Geschäfte, die von einem Ehegatten zur Führung des gemeinsamen Haushalts, im Interesse der Kinder oder zur Deckung des täglichen Lebensbedarfs der Familie geschlossen wurden (wenn z.B. ein Ehegatte im familiären Interesse einen Kredit aufnimmt, haftet der andere Ehegatte als Gesamtschuldner). Der Umfang der von einem Ehegatten eingegangenen Verpflichtung darf jedoch nicht über das den Verbrauchsgewohnheiten der Ehegatten entsprechende Maß hinausgehen.

2.6. Wer haftet für Schulden, die während der Ehe eingegangen wurden? Welches Vermögen darf von den Gläubigern zur Befriedigung ihrer Forderungen herangezogen werden?

Unabhängig davon, welcher eheliche Güterstand gewählt wurde, haftet ein Ehegatte für die von dem anderen Ehegatten eingegangenen Verbindlichkeiten nur insoweit, als der andere Ehegatte ihn durch seine Handlung vertreten und verpflichten kann.

Beim Güterstand der Gütergemeinschaft haften die Ehegatten Dritten gegenüber mit ihrem Eigenvermögen und ihrem gemeinschaftlichen Vermögen für die folgenden Verbindlichkeiten:

  • für Verpflichtungen, die einer der beiden Ehegatten zur Deckung des familiären Bedarfs eingegangen ist;
  • für von einem der beiden Ehegatten eingegangene gesamtschuldnerische Verpflichtungen;
  • für Verpflichtungen, bei denen ein Ehegatte mit einem Dritten vereinbart hat, sowohl mit dem Eigenvermögen als auch dem gemeinschaftlichen Vermögen zu haften (hierfür ist die Zustimmung des anderen Ehegatten erforderlich).

Für sonstige Verbindlichkeiten haftet jeder Ehegatte mit seinem Eigenvermögen und der Hälfte des gemeinschaftlichen Vermögens (d.h. mit seinem Anteil). Ein Gläubiger kann die Aufteilung des gemeinschaftlichen Vermögens verlangen, wenn das Eigenvermögen des Ehegatten, der der Schuldner ist, zur Erfüllung der Verbindlichkeiten nachweislich nicht ausreicht.